For the love of women (8. März 2019)

DIE KOMPONISTINNEN

 

Amy M. Beach (1867 – 1944)
Amy Marcy Beach, geborene Cheney, ging in die Geschichte nicht nur als eine begabte Pianistin ein, sondern auch als die erste Komponistin, die eine Sinfonie schrieb und damit einen großen Schritt in die bisher nur von Männern besetzte Musikbranche wagte. Aus den Briefen ihrer Mutter Clara Cheney, einer Klavierlehrerin, erfährt man, dass Amy Marcy ein außergewöhnliches musikalisches Wunderkind war. Schon mit zwei Jahren, wenn die Mutter als Schlaflied Airs in Sopran-Stimme sang, konnte klein Amy eine kontrapunktisch perfekte Alt-Stimme dazu improvisieren. Als Vierjährige spielte sie nach einmaligem Zuhören in der Kirche die Stücke zu Hause am Klavier nach. Unter der Leitung ihrer Mutter spielte sie bereits im Alter von sieben Jahren einige Konzerte, darunter die Sonaten von Beethoven op. 47, Nr. 1 und 2 sowie Walzer von Chopin und vieles mehr. Eine weitere spannende Tatsache aus Amy Beachs Biografie sind ihre Assoziationen bestimmter Tonalitäten mit bestimmten Farben. So bat sie ihre Mutter manchmal „grüne Musik“ oder „lila Musik“ zu spielen. Als konzertierende Pianistin genoss sie großen Erfolg. Nach ihrer Heirat im Jahr 1885 jedoch musste Amy Marcy auf Wunsch ihres Ehemannes, Dr. Henry Harris Aubrey Beach, ihre Konzerttätigkeit abbrechen. Daraufhin widmete sie sich der Komposition. Nach seinem Tod machte Amy Beach eine Europa-Tournee, auf der sie ihre eigenen Werke präsentierte. Ihren Stil in der Komposition könnte man zwischen der Romantik und der sich in diesen Jahren neu entwickelnden Musik einordnen.


Amanda Aldridge (1866 – 1956)
Amanda Christina Elisabeth Aldridge war das dritte Kind von Ira Frederick Aldridge, einem der meist gefeierten afroamerikanischen Tragödien-Schauspieler seiner Zeit, und seiner zweiten Ehefrau, der in Schweden geborenen Opernsängerin Amanda Pauline Brandt. Beide Eltern haben stets für die künstlerische Bildung ihrer Kinder gesorgt: Amandas Schwester Luranah stand als Opernsängerin auf vielen großen Bühnen wie im Royal Opera House oder bei den Festspielen in Bayreuth, ihr Bruder Frederick hatte als Pianist und Komponist Erfolg und begleitete oft seine Schwestern am Klavier. Schon als kleines Mädchen hatte die Mutter Amandas Begabung entdeckt und ihr schon im jungen Alter Unterricht in Gesang und Klavier ermöglicht. Berichten zufolge durfte sie bereits mit 15 Jahren im Crystal Palace Händels Werke, von einem Orchester begleitet, singen. Nach ihrem Studium am Royal College of Music in London in Gesang, Harmonielehre und Kontrapunkt widmete sie sich zunächst einer Karriere als Sängerin und Gesangslehrerin. Als ihr eine dauerhafte Laryngitis das Singen nicht mehr ermöglichte, begann sie mit dem Komponieren und brachte ihre Werke unter dem Pseudonym Montague Ring heraus. Mit ihrem Künstlernamen wollte Aldridge vor allem ihre unterschiedlichen Tätigkeitsfelder als aktive Musikerin und Komponistin voneinander trennen. Als Montague Ring schenkte sie der Musikwelt Stücke in unterschiedlichen populären Stilrichtungen, sowohl Werke für Gesang und Klavier als auch Orchesterstücke. Die meisten Lieder gehören zu dem Genre der Salonmusik und wurden somit schnell unter Amateur-Sängern und -Pianisten verbreitet und beliebt.


Florence B. Price (1887 – 1953)
Florence Beatrice Smith Price war eine Musikpädagogin, Pianistin und Organistin, aber vor allem war sie als die erste afroamerikanische Komponistin für klassische Musik bekannt. Ihre Mutter, eine Grundschullehrerin und ebenfalls Musikpädagogin, war ihre erste Musiklehrerin. Bereits mit vier Jahren stand Florence Beatrice vor Publikum und mit elf veröffentlichte sie ihre erste Komposition. 1903 durfte sie die Abschlussrede als beste Schülerin ihres Jahrgangs halten und setzte ihr Studium am New England Conservatory of Music in Boston fort. Nach dem Abschluss in Orgel als Konzertfach und Klavierpädagogik zog sie zurück nach Little Rock und unterrichtete dort an diversen Hochschulen. Florence Price gründete eine Familie, unterrichtete und komponierte, bis sie wegen der Rassenunruhen Ende der 1920er Jahre gezwungen war, nach Chicago umzuziehen. Dort setzte sie ihr Studium fort und erreichte ihren Abschluss in Komposition am Chicago Musical College of Roosevelt University. Sie gilt als eine Pionierin unter den afroamerikanischen Komponisten, die eine Sinfonie komponiert haben. Leider sind die meisten Manuskripte der Werke von Florence Price verloren gegangen, es wurden nur wenige herausgegeben. Viele ihrer Kompositionen unterscheiden sich durch gekonnte Vermischungen der Kompositionstechniken der Klassik und der sogenannten „Negro Folk Idioms“.

 

Betty Jackson King (1928–1994)
"Over my head, I hear music in the air. There must be a God somewhere." – das war das Lebensmotto einer vielseitigen Frau: Betty Jackson King war eine afroamerikanische Komponistin, Chordirigentin, Musikpädagogin, Dozentin, Keyboarderin und Herausgeberin. Am Chicago Musical College of Roosevelt University erreichte sie sowohl ihren Bachelor-Abschluss in Klavier als auch ihren Master-Abschluss in Komposition. Wie auch bei den anderen bereits erwähnten Komponistinnen war die Mutter eine Musiklehrerin. Gertrude Jackson Taylor lehrte am Southern Christian Institute in der Nähe von Vicksburg, Mississippi, und von ihr hatte Betty Jackson ihre musikalische Erziehung erhalten. Durch die Mutter lernte Betty auch die „Negro Spirituals“ kennen, die ihr Schaffen stark beeinflussten, und zu denen sie vor allem in ihrer späteren Schaffensperiode Arrangements schrieb. Den Wunsch, ihr Wissen mit anderen zu teilen und damit anderen zu helfen, brachte Betty Jackson aus ihrer Familie mit: Schon als kleines Kind war sie in das Familienunternehmen Jacksonian Community Center involviert. Dieses Zentrum war dem Wohlergehen und dem Training junger Menschen gewidmet, in dem man nicht nur musikalische und tänzerische, sondern auch allgemeine und spirituelle Bildung erhalten konnte. Mit ihrer Mutter und ihrer Schwester war sie auch als Sängerin aktiv und viel unterwegs. Betty Jackson wurde mit zahlreichen Preisen und Anerkennungen für ihre Tätigkeiten geehrt und spielt eine große Rolle in der Geschichte der afroamerikanischen Komponistinnen.

 

Margaret Bonds (1913–1972)
Margaret Allison Richardson Bonds war eine US-amerikanische Komponistin und Pianistin. Ihren ersten Musikunterricht hatte Margaret von ihrer Mutter erhalten. Estalla C. Bonds war nicht nur eine in Chicago führende Musikerin, sie veranstaltete auch Sonntag-Nachmittags-Musiktreffen, bei denen sich die wichtigen Persönlichkeiten der „Negro culture“ austauschen konnten. Dort konnte die junge Margaret Bonds Inspirationen für ihr zukünftiges Schaffen schöpfen und auch ihr kulturelles Erbe näher kennen lernen. Gemeinsam mit Florence B. Price studierte sie Komposition an der Northwestern University. Sie war die erste afroamerikanische Pianistin, die 1933 mit dem Chicago Symphony Orchestra auftreten durfte. Bonds tourte noch lange als Solo- und Duo-Pianistin durch USA und Kanada. 1939 setzte sie ihr Studium im Fach Klavier an der Juilliard School fort. Später unterrichtete sie an diversen Hochschulen, leitete sogar eine Zeit lang eine eigene Schule und war weiterhin aktiv als Musikerin. 1940 heiratete sie Lawrence Richardson und bekam mit ihm eine Tochter. Margaret Bonds komponierte vor allem Vokalmusik, darunter Chorwerke, künstlerische und populäre Lieder und Stücke aus dem Genre des Musiktheaters. Viele Werke sind aus der Zusammenarbeit mit dem Dichter Langston Hughes entstanden. Die Texte drehen sich oft um Themen wie Gender- und Rassendiskriminierung sowie um Vorurteile.

 

Libby Larsen (*1950)
Elizabeth Brown Larsen, bekannt als Libby Larsen, ist eine zeitgenössische Komponistin aus den USA. Als ihre ältere Schwester Klavierunterricht bekam, beobachtete die dreijährige Libby sie gerne und konnte schon bald das Gesehene imitieren. So kam es dazu, dass sie bereits in einem so jungen Alter ebenfalls Klavierstunden nahm. Ihre klassische musikalische Ausbildung genoss sie an der Christ the King School; von ihren Eltern lernte sie auch andere Stilrichtungen kennen: Larsens Vater war Klarinettist in einer Band, die Mutter spielte ihr oft Boogie-Woogie vor. An der University of Minnesota erwarb sie den PhD in Musiktheorie und Komposition. 1973 gründete Larsen gemeinsam mit Stephen Paulus, ebenfalls einem amerikanischen Komponisten, das Minnesota Composers Forum. Diese Plattform sollte nicht nur Platz bieten, um neue Kompositionen zu kreieren und zu präsentieren, sondern auch um die zeitgenössischen Komponisten und Komponistinnen auf unterschiedlichen Ebenen zu unterstützen. 1996 wurde sie in American Composers Forum umbenannt und wurde in den frühen 2000ern sogar zur größten derartigen Organisation landesweit. Libby Larsen ist aber nicht nur als Komponistin bekannt, sondern auch als Philosophin und Rednerin. Sie wird oft eingeladen, Keynotes an den für die heutige Komposition wich-tigsten Orten zu halten. Auch in der von ihr komponierten Musik hält sich Larson an ihre eigene Philosophie: jedes Geräusch kann musikalisch sein. Sie lässt sich von allem inspirieren, was sie umgibt, seien es Naturgeräusche oder auch Worte. Larsen experimentiert oft sogar mit den Rhythmen, die durch das Sprechen entstehen, und macht daraus Kompositionen.

 

Valerie Capers (*1935)
Valerie Gail Capers ist eine afroamerikanische Jazz-Pianistin und Komponistin aus New York. Das Besondere an ihr: mit sechs Jahren wurde sie als Folge einer Krankheit blind. Diese Tatsache hat sie aber nicht davon abgehalten, wie andere Mitglieder ihrer Familie sich ebenfalls der Musik zu widmen, und so lernte sie die Notation in Braille-Schrift zu lesen. Ihre schulische Ausbildung absolvierte Capers am New York Institute for the Education of the Blind. Später studierte sie an der Juilliard School Klavier, Jazz, Komposition und Arrangement. Sie war die erste blinde Absolventin an dieser Hochschule und meisterte dort sowohl ihren Bachelor- als auch ihren Masterabschluss. Als aktive Musikerin hatte sie ihr eigenes Trio gegründet. Für 24 Jahre war Capers Lehrstuhlvorsitzende am CUNY’s Bronx Community Kollege, unterrichtete an diversen Hochschulen und reiste mit Workshops quer durch die Welt, von der Stanford University in Kalifornien bis zum Salzburger Mozarteum. Außerdem wurde sie bereits mit drei Titeln „Doctor of Fine Arts“ geehrt und hat sich sogar einen Platz auf der Bronx Walk of Fame verdient. Kompositorisch interessant sind bei Capers die zwölf Lernstücke, jedes davon einem bestimmten Jazz-Musiker gewidmet. In jedem Stück werden unterschiedlich wichtige Ansatzpunkte thematisiert, wie zum Beispiel das Erweitern des harmonischen Vokabulars, der Umgang mit den Klangfarben des Klaviers, Multitonalität und andere Facetten der Musik.

 

Rebecca Clarke (1886–1979)
Rebecca Clarke war eine Bratschistin und Komponistin aus England amerikanisch-deutscher Herkunft. Im Gegensatz zu den vorherigen Künstlerinnen war in dieser Familie der Vater derjenige, der sowohl selbst das Cello beherrschte als auch seinen vier Kindern die Musik näherbrachte. Clarkes akademische Laufbahn litt unter einigen Hindernissen, bedingt durch die autoritäre Grausamkeit ihres Vaters. 1903 begann sie ihr Studium im Fach Violine an der Royal Academy of Music, welches sie auf Befehl ihres Vaters aufgrund eines Heiratsantrags ihres Harmonielehrers Percy Hilder Miles abbrechen musste. Später vermachte Miles Rebecca Clarke seine Stradivari-Violine. 1907 versuchte sie erneut ein Studium anzufangen, diesmal in der Musiktheorie, und wurde zu einer der ersten weiblichen Studenten Charles Stanfords. Durch einige familiäre Konflikte warf der Vater die junge Musikerin aus dem Haus ohne jegliche finanzielle Unterstützung. Dadurch erhielt sie aber die Chance, nicht nur eine aktive Musikerkarriere zu starten, sondern auch eine der ersten Frauen in einem früher rein männlichen Ensemble zu werden: Clarke wurde im Jahr 1912 in das Queens Hall Orchestra aufgenommen. 1916 zieht sie nach Amerika und geht von dort aus auf Konzertreisen, unter anderem auch mit ihren Brüdern. Später zog Clarke mehrfach zwischen Amerika und England um. Interessant ist auch, dass sie zwar die Frauenrechtsbewegung in England unterstützte, selbst jedoch nicht aktiv war und manchmal sogar eher „altmodisch“ wirkte, was eventuell darauf zurückzuführen ist, dass ihre Kindheit noch in die spätviktorianische Zeit fiel und sie somit mit anderen Werten aufwuchs. Das zeigte sich unter anderem darin, dass sie manchmal ihre Kompositionen unter dem Pseudonym Anthony Trent veröffentlichte, um nicht zu oft auf dem Programm aufzufallen. Was ihre Kompositionen betrifft, waren diese für eher kleine Besetzungen gedacht, da sie oft entweder für sich komponierte oder aus ihrer Erfahrung mit der Viola beim Komponieren ausging. In Clarkes Repertoire sind Lieder, Chorwerke und kammermusikalische Werke zu finden.   (Anastassiya Thoma)